Warum finanzieren wir Fahrradwege in Peru?

von hierl

2. Februar 2024

Eine Liste über aktuelle Förderprojekte in der Entwicklungshilfe sorgt derzeit für Unverständnis. Viele Bürger haben auch mich darauf angesprochen und nachgefragt, warum so viel Geld an andere Länder gegeben wird, während bei uns gespart wird. Ich möchte hier einen kleinen Überblick über den Sinn von Entwicklungshilfe geben.

Trinken Sie gerne Kaffee? Besitzen Sie ein Handy? Tragen Sie Kleidung aus Baumwolle? Damit kommen Sie täglich in Berührung mit Produkten und Rohstoffen aus Entwicklungsländern. Kaffeebohnen und Baumwolle wachsen nicht bei uns, auch nicht in Europa. Das Kobalt für die Handyakkus stammt auch aus Entwicklungsländern.

Wir als Union sagen: Investments nützen auch uns

Die Entwicklungshilfe basiert auf dem Grundsatz, dass wir ärmere Länder dabei unterstützen, sich selbst zu helfen. Wir als Union sind der Ansicht, dass es besser für uns ist, vor Ort zu investieren, anstatt dass die Länder in Armut bleiben, und noch mehr Menschen versuchen, nach Deutschland einzuwandern. Denn jeder Euro, den wir weltweit investieren, um Staaten krisenfester zu machen, führt langfristig zu einer Ersparnis von vier Euro an humanitärer Nothilfe für die Steuerzahler.

Entwicklungshilfe Teil der Diplomatie

Die Entwicklungshilfe trägt auch dazu bei, wirtschaftliche und diplomatische Partnerschaften mit nicht-westlichen Ländern zu erhalten und sie an demokratische Systeme zu binden. Dabei geht es auch darum, dass diese Länder nicht in die Abhängigkeit von diktatorischen Regimen gelangen. Russland oder China beispielsweise buhlen mit Wirtschaftsprogrammen darum, sich wichtige Rohstoffvorkommen in der Welt und damit Einfluss zu sichern.

Viele Zahlungen sind Kredite

Bei der Entwicklungshilfe handelt es sich nicht um „Almosen“, sondern oftmals um (in Teilen zinsverbilligter) Kredite der staatlichen KfW-Bank an die Empfänger-Länder. Diese Kredite müssen die Empfänger-Länder wieder an Deutschland zurückzahlen.

Deutschland kann die Welt nicht allein retten

Tatsächlich zahlte Deutschland im Jahr 2020 20 Millionen Euro für ein Schnellradwegenetz in Lima, der Hauptstadt von Peru. Im Jahr 2022 wurden 24 Millionen Euro für den Bau von Radwegen in weiteren Städten des Landes gezahlt. Diese Zusagen erfolgen im Rahmen des Pariser Klimaschutzabkommen von 2015, wo die reichen Länder (Deutschland ist einer der reichsten Länder der Welt) die ärmeren Länder beim Klimaschutz unterstützen. Oftmals diskutieren wir, dass Deutschland und die europäischen Länder nicht allein den Klimawandel bekämpfen können. Es ist daher sinnvoll, auch auf diesem Wege andere Länder bei ihren Anstrengungen zu unterstützen den CO2-Ausstoß zu senken. Der Betrag, den wir im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit für die Reduktion einer Tonne CO2 aufwenden müssen, ist ein kleiner Bruchteil dessen, was uns die CO2-Vermeidung in Deutschland kostet. Und jede eingesparte Tonne CO2, egal ob sie bei uns oder anderswo eingespart wird, nutzt dem Klima.

Daher haben sowohl unsere frühere Bundeskanzlerin Merkel als auch der jetzige Bundeskanzler Scholz zugesagt, dass Deutschland dazu einen jährlichen Beitrag leistet, der im Jahr 2025 auf mindestens 6 Milliarden Euro ansteigen wird.

Entwicklungshilfe in Peru größtenteils kreditfinanziert

Bei der Entwicklungshilfe in Peru ist der Umfang der Kredite allerdings viel höher als die Zuschüsse. Während also rund 44 Millionen Euro Zuschüsse für Radwege gezahlt werden, wurde für den Aufbau eines Busnetzes im Jahr 2020 rund 55 Millionen Euro als Kredit zur Verfügung gestellt. Im Jahr 2022 wurde ein weiterer Kredit in Höhe von gut 100 Millionen Euro zugesagt. Diese über 150 Millionen Euro Kreditzahlungen wird Peru an Deutschland zurückzahlen.

„Gender-Training“ in China?

Die Projekte muss man immer wieder auf den Prüfstand stellen und bei manch einem Projekt kann man sicherlich über die Sinnhaftigkeit streiten. So heißen wir als Opposition nicht alle Projekte in der Entwicklungshilfe gut. Das zuständige Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) wird derzeit von der SPD geführt. Das spiegelt sich natürlich auch in den geförderten Projekten wider. Ein Beispiel sind „Gender-Trainings“ in China, die mit rund 500.000 Euro unterstützt werden.  Es ist fraglich, ob „Gender-Trainings“ in einem Land zielführend sind, in dem Menschenrechte nichts gelten und das Volk der Uiguren in einem System von massenhafter Internierung, Zwangsarbeit, Folter und Zwangssterilisierung ausgelöscht werden soll.

Anliegen nicht gegeneinander ausspielen

Für mich steht fest: Wir brauchen den Einsatz in der Entwicklungszusammenarbeit, sei es um gute Beziehungen zu Entwicklungsländern zu pflegen, Rohstoffe zu erhalten, die Umweltverschmutzung zu reduzieren, das Klima zu schützen, Fluchtursachen zu bekämpfen oder totalitären Regimen wie Russland und China keinen Raum für die Verbreitung ihrer Ideologien oder dem Aufbau von Abhängigkeiten zu geben. Der Versuch unseren Einsatz in der Entwicklungszusammenarbeit gegen die Bedürfnisse unserer Bevölkerung gegeneinander auszuspielen, verkennt die Realitäten. Um beides müssen wir uns kümmern – und das ist auch möglich.


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