Deutschland ist seit 30 Jahren wiedervereint, dennoch gibt es den Solidaritätszuschlag immer noch. Der Soli hat damit viel mit der Schaumweinsteuer gemeinsam, die vor über 100 Jahren zur Finanzierung der Kriegsflotte eingeführt wurde, aber ebenfalls noch existiert. Ob immerhin der Soli bald ganz wegfällt, wird jetzt das Bundesverfassungsgericht entscheiden.
Die Schaumweinsteuer wurde 1902 als Sondersteuer eingeführt, um den Aufbau der kaiserlichen Kriegsflotte zu finanzieren. Aber obwohl die kaiserliche Flotte seit Ende des 1. Weltkriegs auf dem Meeresgrund von Scapa Flow liegt, bezahlen wir bis heute immer noch Schaumweinsteuer (ca. 1€ für eine Flasche Sekt).
Das Beispiel mahnt uns: Wenn der Staat einmal eine Steuer oder Abgabe zu einem bestimmten Zweck eingeführt hat, werden die Bürger diese Steuer nur schwer wieder los – selbst dann nicht, wenn der eigentliche Anlass für die Steuer obsolet geworden ist.
Deutschland ist Hochsteuerland
Der Soli wurde 1991 eingeführt, um unter anderem die Kosten der deutschen Wiedervereinigung zu finanzieren. Seitdem wurden seine Regelungen mehrmals überarbeitet. Seit Januar 2021 müssen viele Arbeitnehmer ihn nicht mehr zahlen. Zahlen müssen nur noch „Besserverdiener“. D. h. er gilt nach wie vor für zu versteuernde Einkommen von über EUR 96.800,00. Dies trifft Bürger genauso wie Unternehmen, die als Personengesellschaften (KG oder OHG) organisiert sind oder Kapitalgesellschaften (insbesondere GmbH und AG), die Körperschaftssteuer zahlen müssen.
Deutschland ist auch ohne den Soli Hochsteuerland und gerade Unternehmen ächzen unter der Steuerlast. Die durchschnittliche Steuerbelastung von Unternehmen lag 2021 in Deutschland bei 30 Prozent gegenüber einem EU-Durchschnitt von 20,7 Prozent. Das ist eine zusätzliche Belastung für unseren Wirtschaftsstandort. Insofern ist die Frage berechtigt, warum Unternehmen und Teile der Bevölkerung über 30 Jahre nach der Wiedervereinigung immer noch den Soli bezahlen sollen.
SPD hält am Soli fest
Dass die Soli-Sondersteuer heute immer noch existiert, ist vor allem der SPD zu verdanken. Sowohl in den Koalitionsverhandlungen mit der Union als auch in der jetzigen Ampel-Koalition verhinderte sie jeden Vorstoß für die Abschaffung des Solis.
Jetzt hatte ein Ehepaar zusammen mit dem Bund der Steuerzahler gegen den Soli geklagt. Die Kläger argumentierten, dass der Zuschlag nach dem Auslaufen des Solidarpaktes II Ende 2019 verfassungswidrig sei. Schließlich seien Ergänzungsabgaben „Zwecksteuern“, die zusammen mit dem Zweck wegzufallen hätten. Außerdem verstoße der Solidaritätszuschlag gegen den Gleichheitsgrundsatz, da seit 2021 nur noch eine kleine Minderheit der Steuerzahler die Abgabe entrichte.
Das Verfassungsgericht muss ran
Die Richter am Bundesfinanzhof haben die Klage allerdings vorerst abgewiesen, denn der Solidaritätszuschlag sei aus ihrer Sicht noch nicht verfassungswidrig. Daher kann der Fall ab jetzt vor dem Bundesverfassungsgericht verhandelt werden.
Früher oder später wird daher das Bundesverfassungsgericht eine abschließende Entscheidung treffen und für rechtliche Klarheit sorgen müssen. Zumal die Kläger nun auch die Möglichkeit haben, gegen die Entscheidung des Bundesfinanzhofs Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht zu erheben. Bis dahin müssen Unternehmen und Teile der Bevölkerung den Soli weiterhin zahlen. Sollte er einmal fallen, lohnt es sich wohl, eine Flasche Sekt aufzumachen.