Es ist allen klar: Der Bundestag muss kleiner werden. Deshalb haben wir als Union einen ausgewogenen Wahl-Reform-Vorschlag vorgelegt, der gleiche Bedingungen für alle schafft. Die Ampelregierung hingegen will ein neues Wahlsystem durchdrücken, das nur den eigenen Parteien nutzt und die Demokratie aushöhlt.
Der Status Quo
Die 598 Sitze des Bundestages werden nach den Anteilen der Zweitstimmen auf die Parteien verteilt. Wenn Parteien aber mehr Abgeordnete aus gewonnenen Direktmandaten erhalten, als ihnen nach den Zweitstimmenverhältnissen zustehen (sog. Überhangmandate), wird die Gesamtzahl der Sitze im Bundestag so lange erhöht, bis das Verhältnis nach den Zweitstimmen wieder stimmt (sog. Ausgleichsmandate). Dadurch verfügt der Bundestag derzeit 736 Sitze.
Der Ampelplan
Die Ampel will den Bundestag in Zukunft streng auf 598 Sitze begrenzen, die nach dem Zweistimmenverhältnis verteilt werden. Wenn es zu der Situation kommt, dass eine Partei mehr Direktmandate gewinnt, als sie Sitze im Bundestag gewonnen hat, fallen alle überzähligen Direktmandate weg. Welcher Direktkandidat einen Sitz erhält und wer nicht, wird durch einen Vergleich der Erststimmenergebnisse der Kandidaten entschieden. Gewinnt also eine Partei beispielsweise zehn Direktmandate mehr als ihr Sitze nach der Zweitstimme zustehen, gehen die zehn Direktkandidaten leer aus, die den geringsten Anteil an Erststimmen haben.
Nicht mehr „jede Stimme zählt“
Die Chance eines Wahlkreisbewerbers, ein Mandat zu erringen, wird damit von Faktoren abhängig gemacht, die außerhalb des Wahlkreises liegen. Denn ob ein Direktkandidat erfolgreich ist, bemisst sich wesentlich danach, wie er im Verhältnis zu anderen Direktkandidaten abschneidet. Für den Wähler wird damit die Erfolgschance seiner Stimmabgabe unkalkulierbar und hängt von Faktoren ab, die er nicht beeinflussen kann. Das höhlt das Vertrauen in die Demokratie, denn es wird für viele Wähler ein Glücksspiel, ob die eigene Stimme zum Tragen kommt oder nicht. Der oft wiederholte Spruch „jede Stimme zählt“ wäre damit zur Floskel verkommen und die Politikverdrossenheit steigt.
Ganze Regionen werden abgehängt
In Zukunft werden die Wahlkreise, in welchen der Direktkandidat nur knapp gewonnen hat, nicht im Bundestag berücksichtig werden. Diese gewählten Wahlkreiskandidaten dürfen dann ihr Bundestagsmandat nicht antreten. Stattdessen rücken Listenkandidaten anderer Parteien nach und der Wahlkreis steht ohne politischen Vertreter verwaist da.
Dadurch besteht die Gefahr, dass sich niemand der Abgeordneten in Berlin so richtig für die Region verantwortlich fühlt. Direkt gewählte Abgeordnete haben ja auch ein ganz persönliches Interesse, sich für die Menschen im Wahlkreis einzusetzen, denn sie werden ja von ihnen gewählt. Es ist daher zu befürchten, dass in den Regionen, die nicht mehr durch einen Abgeordneten vertreten werden, die Politikverdrossenheit zunehmen wird.
Der Vorschlag der Union
Wir sind der Überzeugung, dass ein Wahlgesetz, das einen im Wahlkreis vom Volk direkt gewählten Kandidaten den Einzug in den Deutschen Bundestag verweigert, gegen den Grundsatz der Gleichheit und der Unmittelbarkeit der Wahl verstößt.
Nach Verhandlungen mit der Ampel plädieren wir für ein System, dass die Ausgewogenheit zwischen Listen- und Direktkandidaten bewahrt, ohne den Bundestag weiter aufzublähen. Die wichtigsten Punkte sind:
1. Reduzierung der Wahlkreise: Bei einer Reduzierung der Wahlkreise von derzeit 299 auf 270, würde die Zahl der Überhangs- und Ausgleichsmandate deutlich sinken – und somit die Größe des Bundestags insgesamt.
2. Bis zu 15 Überhangmandate unausgeglichen lassen: Ebenfalls denkbar ist, dass bis zu 15 Überhangsmandate unausgeglichen bleiben. Diesen Spielraum hat das Bundessverfassungsgericht dem Gesetzgeber ausdrücklich eingeräumt. Auch dieser Schritt würde die Größe des Deutschen Bundestags reduzieren.
3. Grundmandatsklausel auf fünf zu gewinnende Wahlkreise erhöhen: Die derzeitige Grundmandatsklausel besagt, dass eine Partei bei Erlangung von drei Direktmandaten auch dann in den Deutschen Bundestag einzieht, wenn sie in der Zweitstimme die 5-Prozent-Hürde nicht überspringt. Dies ist aktuell bei den LINKEN der Fall. Sie hatte nur 4,9% bei der der letzten Bundestagswahl erreicht und wäre somit nicht im Bundestag vertreten. Die LINKE hat jedoch drei Direktmandate errungen und ist so mit 39 Abgeordneten in den Deutschen Bundestag eingezogen. Eine Erhöhung der Grundmandatsklausel auf fünf zu gewinnende Wahlkreise würde daher ebenfalls dazu führen, Überhangeffekte zu reduzieren und die Größe des Bundestags spürbar zu senken. Im Fall der LINKEN wären dann aktuell nur die drei direkt gewählten Abgeordneten im Bundestag, also ein Minus von 36 Abgeordneten.
Mein Persönlicher Favorit: Das „echte-Zweistimmen-Wahlrecht“
Unser oben erläuterter Vorschlag ist tatsächlich ein Kompromiss, denn die Ampel hat es kategorisch abgelehnt unseren ursprünglichen Vorschlag für ein echtes Zwei-Stimmen-Wahlrecht überhaupt nur zu beraten. Persönlich aber bleibt dieser Vorschlag mein Favorit, denn er ist klar, einfach und verfassungskonform. Er schließt Überhangs- und Ausgleichsmandate aus, aber dennoch bleibt für jeden Wähler ersichtlich, was mit seiner Stimme passiert.
Dieses System umfasst folgende Komponenten
– Die Anzahl der Sitze im Deutschen Bundestag wird auf 598 begrenzt.
– Die Hälfte der Sitze soll mit Direktkandidaten besetzt werden, sodass die Bürgerstimme erhalten bleibt und die Stimme der Wählerinnen und Wähler Gewicht entfalten. Es bleibt bei dem Grundsatz: Jeder direkt gewonnene Wahlkreis führt zu einem Direktmandat.
– Die andere Hälfte soll ausschließlich mit Listenkandidaten besetzt werden, ohne dass es zwischen beiden Gruppen zu einer Verrechnung käme.
Eine Variante wäre, die Zahl der Direktmandate zu kürzen und dafür die Listenmandate entsprechend zu erhöhen. Damit wäre auch der Forderung der kleineren Parteien Rechnung getragen, dass sie bisher nicht viele Direktmandate erringen. Auch bei diesem Modell entfallen Überhangs- und Ausgleichsmandate.